Sie leiden an unerklärlichen Bauchschmerzen und haben den Verdacht, Zöliakie oder Glutenunverträglichkeit zu haben? Hier finden Sie die wichtigesten Informationen zur Diagnose und Behandlung.
Vorab eine notwendige Unterscheidung: Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff Glutenunverträglichkeit oft synonym für Zöliakie, nicht Zöliakie-bedingte Glutenunverträglichkeit und Weizenallergie verwendet. Tatsächlich handelt es sich aber um verschiedene Krankheiten.
- Eine Zöliakie ist eine Autoimmun-Erkrankung mit Glutensensitivität, die zur Schädigung des Darms führt
- Eine nicht durch Zöliakie bedingte Glutensensitivität führt nicht zu Veränderungen im Darm
- Eine Allergie gegen Weizen und verwandte Getreide führt ebenso nicht zu Veränderungen im Darm und ist vergleichweise selten
Was ist Zöliakie?
Eine Zöliakie ist eine chronische Autoimmunerkrankung. Es handelt sich hierbei um eine genetisch determinierte Getreideunverträglichkeit, die von einer Überempfindlichkeit gegen das in Getreide enthaltene Klebereiweiß (Gluten) herrührt. In den Industriestaaten ist schätzungsweise ein Prozent der Bevölkerung davon betroffen. Somit zählt die Zöliakie zu den Volksleiden unserer Zeit, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen betrifft.
Die Aufnahme von Gluten führt bei den Betroffenen zu einer Schädigung und Entzündung der Darmschleimhaut und zur Abnahme von Darmzotten. Die Nahrung kann nicht richtig verdaut werden und verbleibt teils in unverdauter Form im Darm. Die Folge sind Durchfälle und Erbrechen, Gewichtsverlust und Leistungsschwäche.
Weiterhin kommt es langfristig zu Mangelerscheinungen, da durch die Abnahme von Darmzotten Nährstoffe,Vitamine und Mineralien nicht ausreichend aus der Nahrung aufgenommen und ins Blut weitergegeben werden können.
Was sind die Symptome von Zöliakie?
Typische Symptome von Zöliake sind:
- Durchfälle
- Verstopfung
- Blähungen
- Appetitlosigkeit
- Gewichtsverlust
- bei Kindern Wachstums- und Entwicklungsstörungen, z. B. verspätete Pupertät
Langfristig kann es durch Mangel an Nährstoffen, Vitaminen und Mineralien auch u. a. kommen zu
- Anämie
- Müdigkeit, Antriebslosigkeit
- Depressionen
- Migräne
- erhöhtes Krebsrisiko
- Ausschläge
- Osteoporose
Die Symptome sind vielfältig und können auch auf andere Krankheiten hindeuten. Dazu kommt, dass bei manchen Menschen bleibt die Zöliakie symptomlos bleibt, weshalb auch von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden kann. Bei anderen führt bereits eine winzige Menge von Gluten z. B. zu schwersten Bauchkrämpfen.
Zöliakie diagnostizieren
Die Krankheit tritt meistens in zwei Lebensphasen auf: entweder bereits im Säuglings- oder Kleinkindalter oder erst deutlich später, nämlich im vierten Lebensjahrzehnt. Ist ein Erwachsener davon betroffen, so wird die Zöliakie oft auch „einheimische Sprue“ genannt.
Auch Menschen mit Vorerkrankungen haben ein erhöhtes Risiko für eine Zöliakie. Dazu gehören z. B. Morbus Chron, Down-Syndrom, Diabetes Typ 1 oder Hashimoto.
Die Diagnose kann auf verschiedene Art und Weise erfolgen.
Bluttest
War bisher bei bestehendem Verdacht auf Zöliakie immer der Gang zum Arzt notwendig, der zunächst die Beschwerden erfragte und eine Untersuchung der Antikörper im Blut durchführte, um sich dann schließlich mithilfe von speziellen serologischen Tests Gewissheit zu verschaffen, so kann der Patient heute auch im Selbstverfahren feststellen, ob er an Glutenallergie leidet.
Bei dem so genannten Glutencheck handelt es sich um ein Testverfahren, das als Komplett-Set für rezeptfrei in Apotheken und auf Medikamente spezialisierten Online-Shops erhältlich ist. Er kann ganz leicht von zu Hause aus durchgeführt werden. Dafür entnimmt man der Fingerspitze einen Blutstropfen, bringt ihn mit dem Testserum in Kontakt, das im Fall einer vorliegenden Zöliakie sofort die entsprechenden Antikörper nachweist.
Völlig unabhängig davon, ob das Ergebnis positiv oder negativ ausfällt, sollte diese Selbstuntersuchung jedoch nichtsdestotrotz durch einen nachfolgenden Arztbesuch ergänzt werden, um eine ggf. nötige Therapie abzusprechen bzw. die Ursache der Symptome zu finden, falls es keine Zöliakie ist.
Darm-Spielung/Biopsie
Wenn der Bluttest eine Zöliakie feststellt, bietet sich anschließend eine Darmspiegelung an. Diese hilft nicht nur bei der Bestätigung der Diagnose, sondern auch dazu festzustellen, welchen Schaden an der Darmschleimhaut die Zöliakie bereits angerichtet hat und hier therapeutisch gegenzuwirken.
Ist Zöliakie heilbar?
Leider lässt sich die Zöliakie bisher nicht ursächlich behandeln. Die einzig mögliche Therapie ist eine lebenslange streng glutenfreie Diät.
Zwar werden auf diese Weise nur die Symptome behandelt, jedoch bewirkt der Verzicht auf Weizen und Gerste, Hafer und Roggen (und auf Lebensmittel, die möglicherweise Spuren dieser Getreidesorten in versteckter Form enthalten) auch die Verringerung des Darmkrebs-Risikos.
Schon nach wenigen Wochen kann es zu einer deutlichen Verbesserung kommen, nach einem halben Jahr können die Patienten sogar beschwerdefrei sein.
Zusätzlich kann die Darmschleimhaut wieder aufgebaut werden durch Probiotika. Diese können der Durchlässigkeit der Darmschleimhaut entgegenwirken.
Bei festgestelltem Mangel können Nahrungsergänzungsmittel wie Eisen und Vitaminpräparate gegeben werden.
Was kann man bei Zöliakie nicht essen?
Die Liste glutenhaltiger Lebensmittel ist lang. Vorsicht ist geboten bei allen verarbeiteten Lebensmitteln, in denen neben Konservierungs- und Farbstoffen auch Gluten beigesetzt wird, z. B. um die Konsistenz zu verbessern.
Natürlich kommt Gluten in fast allen Getreidesorten vor, z. B.:
- Weizen
- Roggen
- Gerste
- Hafer
- Einkorn
- Emmer
- Kamut
- Grünkern
- Dinkel
- Bulgur
- Couscous
Beispiele für verarbeitete Produkte, die Gluten enhalten können, sind:
- Viele vegane Produkte, z. B. mit Seitan
- Gnocchi, Klöße, Schupfnudeln
- Wurst und Käse
- Joghurt mit Keksen oder Müsli
- Soßen, Ketchup etc.
- Cornflakes
- Eis, Fruchshakes
Gluten ist deklarationspflichtig, daher prüfen Sie immer gründlich die Inhaltsstoffe. Aber Vorsicht, Lebensmittel mit maximal 20 mg Gluten pro Kilogramm werden als glutenfrei bezeichnet. Für sehr empflindliche Menschen kann das schon zu viel sein. Wer auf verarbeitete Lebensmittel grundsätzlich verzichtet, ist hier auf der sicheren Seite.
Was kann man bei Zöliakie essen?
Nach der Diagnose Zöliakie steht man erstmal vor der großen Frage, was man denn eigentlich noch essen darf. Doch es gibt zahlreiche Alternativen zu glutenhaltigen Lebensmitteln, wie zum Beispiel:
- Buchweizen
- Reis, Reisnudeln, Reismehl
- Mais, Maismehl
- Kartoffeln, Kartoffenmehl
- Hülsenfrüchte
- Kokosmehl
- Kastanienmehl
- Süßlupinenmehl
- Mandelmehl
- glutenfreie Haferflocken
- glutenfreie Mehlmischungen und Nudeln
- Amaranth
- Quinoa
- Hirse
Anonsten gilt grundsätzlich, naturbelassene Lebensmittel sind glutenfrei:
- Gemüse
- Obst
- Salat
- Fleisch
- Fisch
- Eier
- Milch, Milchprodukte, Käse
- Nüsse
- Hülsenfrüchte
- Zucker
Man kann sich also auch mit Zöliakie sehr abwechslungsreich ernähren, schwierig wird es unter Umständen im Restaurant und auf Reisen. Hier hilft z. B. Die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft weiter mit Tipps und Adressen für Reisen im In- und Ausland.
Mehr Informationen zu Zöliakie finden Sie auch bei DEBInet, der Website vom Deutschen Ernährungsberatungs- und infomationsnetz.
Weizenallergie
Eine Allergie auf Weizen und verwandte Getreidesorten wie Dinkel oder Kamut bzw. das darin enthaltene Gluten kommt vor allem im Kindesalter vor. Aber auch Eiweiße wie Albumine und Globuline können der Auslöser sein.
Beim Verzehr von Weizen kommt es kurz danach bis zu ein paar Stunden später zu typischen Allergiesymptomen, wie z. B. Juckreiz im Mund oder auf der Haut, Atemproblemen oder Schluckbeschwerden. Auch Magen-Darm-Probleme sind möglich, aber selten.
Unter Umständen wächst sich eine Weizenallergie wieder aus und sollte daher routinemäßig getestet werden.
Ein Spezialfall der Weizenallergie ist das sogenannte Bäckerasthma. Hier löst das Einatmen von Mehlstaub allergische Reaktionen aus, der Verzehr von Weizen ist allerdings problemlos möglich.
Glutensensitivität
Die Dunkelziffer bei Glutensensitivität wird hoch eingeschätzt. Auch Menschen mit der vagen Diagnose „Reizdarmsyndrom“ könnten möglicherweise unter Glutensensitivität leiden.
Während eine Zöliakie durch Bluttest und Darmspiegelung und eine Allergie durch einen Pricktest eindeutig bestätigt oder ausgeschlossen werden können, sieht es bei einer nicht-Zöliakie-bedingten Glutensensitivität schwieriger aus. Wenn man also nach dem Genuss von Brot oder Nudeln Probleme hat oder allgemeine unklare Beschwerden, die zu einer Glutensensitivität passen können, hilft eigentlich nur Trial and Error.
Jeder Mensch hat unterschiedliche Toleranzgrenzen. Vielleicht genügt es schon, glutenhaltige Lebensmittel zu reduzieren, um eine Verbesserung zu spüren. Auch das Zurückgreifen auf Urgetreide wie Emmer oder Kamut kann helfen, denn diese enthalten nur einen Bruchteil des Glutens, das im modernen, hochgezüchteten Weizen steckt.
Neuere Forschung geht davon aus, dass in vielen Fällen nicht unbedingt das Gluten an sich das Problem ist. Es könnte auch an den im Getreide enhaltenen Eiweißen (Proteine) liegen. Die sogenannten Amylase-Trypsin-Inhibitoren dienen den Pflanzen zur Schädlingsabwehr und kommen vor allem in heutigem hochgezüchteten Getreide vor. Der Darm kann diese nicht abbauen, daher kann es zu Reaktionen kommen, die aber nach dem Verzicht nicht wieder auftreten.
Weiterhin stehen bestimmte Kohlenhydrate in Weizenmehlen in Verdacht, eine Glutensensitivität auszulösen, die sogenannten fermentierbaren Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole (FODMAP). Auch diese können in Darm nicht abgebaut werden, statt dessen fermentieren sie und lösen so Blähungen und andere Darmbeschwerden aus.
Mehr zu diesem Thema können Sie z. B. hier nachlesen.
Auch bei Glutensensitivität gilt: Eine Heilung gibt es nicht. Jeder sollte seinen Toleranzgrenzen austesten und im Zweifelsfall möglichst auf glutenhaltige und hochgezüchtete Getreide verzichten. Vielleicht erhöht sich sogar nach einer Weile des Verzichts die Toleranzgrenze wieder.
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